Seit einiger Zeit verabschiedet sich die Telekom Deutschland von ihrem sehr guten und einmaligen ISDN-Telefonnetzwerk und der analogen Telefonie damit ebenfalls. Was die Kunden bereits seit Jahren mit Skype, WhatsApp-Telefonie und auch Smartphone-Telefonie kennt, soll jetzt auch bei der Festnetztelefonie umgesetzt werden. In der IT sprechen wir von Voice over IP oder kurz nur VoIP. Im Gegensatz zu ISDN respektive Analogtelefonie werden hier nicht mehr die Leitungen und damit auch die Netzwerke physikalisch separat gehalten, sondern die Telefonie wird digitalisiert. Damit wird die Sprache in Echtzeit in kleine Datenpakete, wie Bilddateien oder Textdateien auch, verpackt und über die Internetverbindung mittels der TCP/IP-Protokollfamilie zur Gegenseite verschickt. Das geht heute verhältnismäßig gut, wenn genug Bandbreite, also ein leistungsstarker DSL-Anschluss vorliegt. Hier merkt man nicht, dass die Sprache für den Transport zerstückelt und nach dem Transport wieder zusammengesetzt wird.
Zwar haben sich Distributionen wie Gemeinschaft, FreePBX, Pascom, AsteriskNow hervorgetan, das Gelbe vom Ei präsentieren sie alle samt nicht. Allen gemeinsam sind die graphischen webbasierten Oberflächen. Dieses Plus gegenüber einer Konsolenlösung ist auch gleichzeitig der größte Schwachpunkt. Man ist nämlich von dem Zutun der Entwickler abhängig, sobald man mehr aus Asterisk herausholen will, als die jeweilige Distribution anbietet. Nächster Schwachpunkt ist die Abhängigkeit von dem Hersteller. Markantestes Beispiel ist die Firma Amooma, 2011 noch vom BSI für die Telefonanlage Gemeinschaft in den höchsten Tönen gelobt, hatte jahrelang auf Asterisk gesetzt und wechselte 2011 mit Gemeinschaft 4 zum Konkurrenzprodukt Freeswitch, ein Upgrade von Gemeinschaft 3 (Asterisk) war so gänzlich unmöglich geworden. Zudem schmiss Amomoa wenig später die Weiterentwicklung gänzlich hin. Somit wurden bislang treue Gemeinschaft3- und dann später auch Gemeinschaft4-Kunden regelrecht im Regen stehen gelassen. Es existiert zwar noch ein Githup-Repository, auf dem ein Zuständiger unregelmäßig die Installscripte an die aktuellen Debian-Versionen versucht anzupassen. Eine effiziente Weiterentwicklung der Plattformen findet aber nicht mehr statt.
Da webbasierte Lösungen meistens in PHP bzw. Ruby mit einer MySQL-Datenbank geschrieben sind, bedarf es hier sehr guter Programmiererfahrung, um mehrere Hundert Scripte an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und um die Asterisk-Funktionalitäten in Code abzubilden. Zumal im Beispiel Gemeinschaft man hier sogar von katastrophal dokumentierten PHP-Scripten reden muss, so dass letztlich nur die ursprünglichen Entwickler wissen können, was sie da wie produziert hatten.
Hinzu kommt noch bei einigen Distributionen, dass das eigene SIP-Telefon nicht unterstützt wird, sondern nur die des Herstellers selber, und man die Hardware erneuern müsste. Ganz abgesehen von der minderwertigen Dokumentation, so dass die Portalbedienung bereits zum Spießrutenlauf wird.
Das sind alles gute Argumente für den Einsatz von Asterisk direkt von der Linux-Konsole aus und dass man sich mit dem Erstellen eines Dialplans selber auseinandersetzt. Dann lassen sich ganz tolle Eigenkreationen in der Telefonie gestalten, bei denen die Angebote der großen Provider wie Telekom uralt und mager aussehen. Einiges davon wird hier nachfolgend aufgezeigt.
Die Telefon-Provider, allen voran die Telekom, verkaufen jetzt Kombigeräte (Speedport, Zyzkel, FritzBox), die alles können sollen, aber an Funktionalität dem Kunden nur sehr wenig zur Verfügung stellen. Und das, obwohl mit VoIP sehr viel mehr machbar und möglich ist.
Geräte wie Speedport, Fritzbox oder Zyxel stellen zuerst ein eingebautes DSL-Modem, eine funktionell sehr eingeschränkte Firewall und einen funktionell minderwertigen VoIP-Server zur Verfügung. Für ein eine wesentlich bessere und individuell anpassbare Lösung stelle ich hier eine Telefonanlage mit Asterisk PBX auf einem 70 EUR günstigen Raspberry Pi 3-Computer vor. So wie ich es hier darstellen werde, wird bereits eine ganz normale IP-Telefonie über die Telekom oder andere Provider machbar sein. Des weiteren lassen Faxserver anschließen, Warteschleifen einprogrammieren, zeitabhängige und rufnummerabhängige Anrufbeantworter konfigurieren. Alles Funktionen, die Sie bei den großen Providern noch nicht einmal für viel Geld erhalten.
Ein selbst konfigurierter Dialplan setzt den funktionalen Möglichkeiten keine Grenzen. So lassen sich zeitgesteuerte und tageszeitabhängige Anrufbeantworter respektive Ansagen gestalten. Man kann bestimmte AnruferIDs personalisiert begrüßen oder auf eine Blacklist setzen, genauso wie das Freizeichen durch Musiksequenzen seiner Wahl ersetzen. Ebenso lassen sich die Ansagen mit Musik hinterlegen und für Asterisk als WAV-Datei bereitstellen. Alles Weitere bei „Dailplan – extension.conf“ respektive „Individuelle VoiceBox“.
Zunächst sollten Sie sich ein DSL-Modem (z.B. Allnet ALL-BM100VDSL2v) anschaffen, das nur das DSL-Signal in TCP/IP umwandelt und an einen Router mit Firewall/NAT weiterleitet. Als Router haben sich die Linksys-Router oder andere Modelle mit der Firmware OpenWRT bewährt. So lassen sich sehr leistungsstarke und individuelle Firewalls mittels IPTables auf LINUX realisieren. Ich werde mich auf eine Firewall mit OpenWRT und der Weboberfläche LUCI beziehen. Notwendig ist das auch deshalb, weil die Geräte der Provider meistens das SIP-NAT-Forwarding zu einem externen Server nicht beherrschen, das wird aber benötigt.
Weiterer Vorteil ist, diese Konstellation mit OpenWRT/Linksys befreit Sie von den Gefahren der Angreifbarkeit von Massengeräten wie Speedport, was sich im Herbst 2016 deutschlandweit mit massenweisem Ausfall bei Telekomkunden zeigte, die Speedport-Router im Einsatz hatten.